Neue Sanktionen bei Missachtung der Meldepflichten

Potrait von Rechtsanwalt Simon Schnetzler

Autor:     Simon Schnetzler
Datum:   11. Dezember 2019

Themen: Obligationenrecht, Gesellschaftsrecht, Aktienrecht, Geldwäscherei, Genossenschaft, AG, GmbH

Zusammenfassung

Per 1. November 2019 sind im Gesellschaftsrecht neue Vorschriften in Kraft getreten. Die Offenlegungspflichten von Gesellschafter sind präzisiert und Sanktionen bei einer Missachtung der Vorschriften deutlich verschärft worden. Wer nun als Erwerber von Gesellschaftsanteilen der Gesellschaft die wirtschaftlich berechtigte Person nicht meldet, riskiert strafrechtliche Sanktionen. Die Inhaberaktie steht nach der Revision sodann kurz vor dem Aussterben: Sie wird nur noch in ganz wenigen Ausnahmefällen zulässig sein.

Hintergrund

Bereits am 1. Juli 2015 sind Vorschriften für mehr Transparenz in Kraft getreten («GAFI-Vorschriften»).[1] Das Ziel: Anteilseigner sollten der Gesellschaft die wahre wirtschaftlich berechtigte Person an ihren Anteilen offenlegen. Grund für die Revision waren Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI, engl. Financial Action Task Force bzw. FATF), die als internationale Arbeitsgruppe Geldwäscherei und Terrorismus im Finanzmarkt bekämpft. Die neuen Regelungen haben unter anderem Erwerber von Aktien oder Stammanteilen verpflichtet, der Gesellschaft die wirtschaftlich berechtigte Person zu melden, wenn mehr als 25% des Kapitals oder der Stimmen erworben werden (für die Aktiengesellschaft Art. 697j OR; für die GmbH Art. 790a OR). Die neue Gesetzgebung hat Gesellschaften zudem verpflichtet, die wirtschaftlich berechtigten Personen in einem Register zu vermerken.

Meldepflicht

Die Melde- und Registerpflichten bestehen weiterhin. Die Sanktionen bei einer Verletzung sind allerdings deutlich verschärft worden. Bisher hat eine unterlassene Meldung der wirtschaftlich berechtigten Person zum Ruhen der Mitgliedschafts- und Vermögensrechte an den betreffenden Anteilen geführt. Entsprechend konnten bis zur Meldung z.B. das Stimmrecht nicht mehr gültig ausgeübt werden, auch bestand kein Anspruch mehr auf Dividende. Neu werden Anteilseigner bei Verletzung der Meldepflicht nun strafrechtlich belangt:

Art. 327 StGB

«Wer vorsätzlich den Pflichten nach Artikel 697j Absätze 1–4 oder Artikel 790a Absätze 1–4 des Obligationenrechts (OR) zur Meldung der an den Aktien oder Stammanteilen wirtschaftlich berechtigten Person nicht nachkommt, wird mit Busse bestraft.»

Registerpflicht

Auch die Pflicht zur korrekten Führung des Registers über die Gesellschafter wird neu strafrechtlich durchgesetzt. Nach Art. 327a StGB wird mit Busse bestraft, wer das Aktienbuch bzw. das entsprechende Anteilsbuch bei einer GmbH, Genossenschaft oder Investmentgesellschaft mit variablem Kapital nicht vorschriftsgemäss führt. Diese Pflicht trifft die Exekutivorgane, die für die korrekte Führung des Aktienbuches verantwortlich sind (Verwaltungsräte, Geschäftsführer von GmbHs und die Verwaltung bei Genossenschaften).

Inhaberaktien

Der Group d’action financière war die Inhaberaktie schon länger ein Dorn im Auge. Beim letzten Länderexamen 2016 stellte sie im Bericht zwar wohlwollend fest, dass die Schweiz nun ein System geschaffen habe zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Person. Sie musste allerdings auch konstatieren: ‘The sanctions for violations do not seem adequately dissuasive.’ Die Empfehlung lautete deshalb: ‘Switzerland should put in place a regime of sanctions that are sufficient to dissuade the failure to observe obligations to declare the acquisition of bearer shares or beneficial owners.’[2] Gesagt, getan. Die Inhaberaktien wird neu nur noch in zwei Ausnahmefällen zulässig sein: Im Falle einer Börsenkotierung oder bei ausgegebenen Bucheffekten (Art. 622 Abs. 1bis OR). Bei allen anderen Aktiengesellschaften, die noch Inhaberaktien ausgegeben haben, werden die Aktien per 1. Mai 2021 automatisch in Namenaktien umgewandelt (Art. 4 Abs. 1 Übergangsbestimmungen [UeB]).

Eine Umwandlung von bestehenden Inhaberaktien in Namenaktien noch vor diesem Termin verlangt das Gesetz zwar nicht explizit, in der Literatur wird dies allerdings empfohlen. Unterlässt die Gesellschaft die Umwandlung nämlich bis zum 30. April 2021, wird das Handelsregisteramt den Eintrag von Gesetzes wegen anpassen. In diesem Falle stellen sich aber verschiedene Fragen im Zusammenhang mit den gesetzlichen Übertragungsbeschränkungen, die bei den neuen Namenaktien zur Anwendung kommen.[3] Mit einer Umwandlung können diese Fragen aktiv aufgenommen und im Beschluss zur Umwandlung geklärt werden.

Erfolgt die Umwandlung von Gesetzes wegen am 1. Mai 2021, hat die Gesellschaft dem Handelsregisteramt bei der nächsten Statutenänderung den Beleg auch der Umwandlung nachzureichen. Ansonsten wird das Handelsregisteramt alle Anträge für Anpassungen verweigern, bis die Gesellschaft die nötigen Belege für die Umwandlung (Beschluss der Generalversammlung und angepasste Statuten) nachgereicht hat (Art. 5 Abs. 2 UeB).

Offenlegung der Identität der Inhaberaktionäre

Für säumigen Inhaberaktionäre, die der Gesellschaft bis zum 30. April 2021 ihre Identität noch nicht offengelegt haben, kommts nach der Umwandlung knüppeldick: Sie können die Anpassung des Aktienbuches ab dem 1. Mai 2021 nur noch auf dem Wege eines Gerichtsverfahrens und dies nur noch bis zum 31. Oktober 2024 verlangen. Unterbleibt auch diese Anpassung, werden die nicht identifizierten Aktien von Gesetzes wegen «nichtig» (Art. 8 Abs. 1 UeB). Sind die Aktien ohne Verschulden der Aktionäre nichtig geworden, können die betroffenen Aktionäre noch innert 10 Jahren ab Nichtigkeit gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen (Art. 8 Abs. 2 UeB).

Organisationsmangel

Offenbar war der Gesetzgeber fest entschlossen, die Pflicht zur vorschriftsgemässen Führung der Anteilsbücher nun auf allen Ebenen durchzusetzen. Entsprechend hat er die Organisationsklage nach Art. 731b OR ausgebaut. Bislang galt als Organisationsmangel ein fehlendes Organ (z.B. kein VR infolge Rücktritt aller Mitglieder) oder ein unrechtmässig zusammengesetztes Organ (z.B. kein VR-Mitglied mit Schweizer Wohnsitz und Vertretungsbefugnis).

Neu können Aktionäre, Handelsregisterführer und sogar Gläubiger eine Organisationsklage erheben, wenn die Gesellschaft das Aktienbuch bzw. das Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigte Personen nicht vorschriftsgemäss führt oder wenn Inhaberaktien ausgegeben worden sind, ohne dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Der Gesetzgeber hat bei der Revision allerdings die Klageberechtigung nicht modifiziert, sodass  – nach Gesetzeswortlaut wenigstens – auch Gläubiger den Mangel des vorschriftswidrigen Verzeichnisses geltend machen könnten. Dies, obwohl ihre Rechte bei solchen Mängeln in keiner Weise betroffen sind.

Solche staatlichen Eingriffe in die Organisation der Gesellschaft waren bis anhin nur gravierenden Organisationsmängeln vorbehalten. Das Aktienregister nimmt damit quasi Platz neben Verwaltungsrat und Generalversammlung…

Empfehlung:

Inhaberaktionäre sollten der Gesellschaft ihre Identität und soweit erforderlich die wirtschaftlich berechtigte Person zeitnah melden. Damit kann ein unnötiges Gerichtsverfahren zur Berichtigung des Registers und schlimmstenfalls der Verfall der Aktienrechte vermieden werden. Gesellschaften, die Inhaberaktien ausgegeben haben, sollten solche Aktien aktiv in Namenaktien umwandeln. Damit können Unklarheiten im Zusammenhang mit Übertragungsbeschränkungen bei einer gesetzlichen Umwandlung vermieden werden. Und schliesslich müssen Exekutivorgane wie Verwaltungsräte sicherstellen, dass das Verzeichnis über die Anteilseigner und die wirtschaftlichen Berechtigten rechtlich und inhaltlich up to date ist.

Simon Schnetzler
sds.legal

Fussnoten:

[1] Bundesgesetz vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière
[2] FATF, Anti-money laundering and counter-terrorist financing measures – Switzerland, Fourth Round Mutual Evaluation Report, Paris 2016, S. 128.
[3] ausführlich zur Thematik: Glanzmann, Abschaffung der Inhaberaktie sowie neue strafrechtliche Sanktionen für Verwaltungsrat und Aktionäre, SJZ 115/2019, S. 611ff., S. 613.

Dokumentation: